Die ProSiebenSat.1 Group hat ihre Finanzziele für das Jahr 2015 bereits ein Jahr früher erreicht und erneut ein Rekordjahr geschrieben. CEO Thomas Ebeling blickt auf das Geschäftsjahr 2014 zurück und erklärt, wie die Gruppe auch in den kommenden Jahren weiter wachsen wird.

Vorstandsinterview

2,876MRD EURO

Umsatz hat die ProSiebenSat.1 Group im Geschäftsjahr 2014 erzielt. Dies entspricht einem Plus von 10,4 Prozent.

Innovation, Wachstum, neue Märkte: Warum hat ProSiebenSat.1 dieses Motto für den Geschäftsbericht 2014 gewählt?

Thomas Ebeling: Diese drei Begriffe umschreiben gut, in welchen unternehmerischen Kategorien wir denken. Wir haben bewiesen, dass wir unsere Strategie erfolgreich umsetzen und unsere ehrgeizigen Finanzziele schneller erreichen als geplant. Ursprünglich wollten wir unseren Umsatz bis Ende 2015 um 800 Millionen Euro steigern gegenüber 2010. Das haben wir nun bereits ein Jahr früher erreicht. Gleichzeitig haben wir 2014 einen neuen Umsatz- und Ergebnisrekord aufgestellt. Wir setzen konsequent auf Wachstum, indem wir innovative Geschäftsmodelle entwickeln und in neue Märkte vorstoßen. Das ist der Kern unserer Strategie, und zwar rückblickend genauso wie für die kommenden Jahre.

Bis 2018 will die Gruppe den Umsatz um eine Milliarde Euro steigern. Wie wollen Sie das konkret umsetzen?

847,3MIO EURO

recurring EBITDA erreichte der Konzern 2014, 7,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

Thomas Ebeling: Wir führen fort, was wir in den vergangenen Jahren erfolgreich aufgebaut haben. Im Mittelpunkt steht für uns seit 2010 die Entwicklung von einem klassischen TV-Haus zu einem digitalen Player. Bei diesem Thema haben wir entscheidende Fortschritte gemacht. 2014 erzielten wir bereits knapp 34 Prozent unserer Umsätze außerhalb des TV-Werbegeschäfts. Bis 2018 wollen wir diesen Anteil auf 40 Prozent steigern. Wir haben unseren TV-Bereich in den letzten Jahren konsequent mit dem Digitalgeschäft vernetzt und durch wechselseitige Synergien Wachstum angestoßen. Gleichzeitig haben wir in allen Segmenten neue Geschäftsfelder etabliert. Dazu zählen zum Beispiel die neuen Free-TV-Sender, das HD-Distributionsgeschäft oder unsere E-Commerce-Säule. Diese Bereiche entwickeln sich dynamisch und bilden eine starke Grundlage für weiteres profitables Wachstum in den kommenden Jahren.

Das scheint auch der Kapitalmarkt zu honorieren.

1,60EURO

je Stammaktie lautet der Dividendenvorschlag.

Thomas Ebeling: Der Kapitalmarkt schätzt nicht nur, dass wir eine sehr klare Agenda haben und diese konsequent umsetzen. Es ist auch unser Unternehmensmix aus einem sehr soliden Kerngeschäft und dynamisch wachsenden Geschäftsbereichen, der die Börse überzeugt. Gleichzeitig haben wir jetzt mehrfach bewiesen, dass wir unsere ehrgeizigen Ziele zuverlässig erfüllen. Dies spiegelt sich in unserer Aktie wider: Seit 2009 haben wir unsere Marktkapitalisierung vervierzigfacht, am 11. März 2015 erzielte die Aktie mit einem Kurs von 46,03 Euro ein neues Allzeithoch. Für Anleger sind wir damit sowohl unter Wachstums- als auch Renditegesichtspunkten ein attraktiver Titel. Denn auch in diesem Jahr beteiligen wir unsere Aktionäre angemessen am Unternehmenserfolg und haben dem Aufsichtsrat eine Dividende von 1,60 Euro je Stammaktie vorgeschlagen.

Kommen wir zu den einzelnen Segmenten: Wie hat ProSiebenSat.1 das Jahr 2014 im Kerngeschäft „Broadcasting German-speaking“ abgeschlossen?

Thomas Ebeling: Wir haben unsere führende Position im Zuschauer- und Werbemarkt weiter ausgebaut — trotz eines hochkompetitiven Umfelds. Hierbei haben unsere jungen Sender eine entscheidende Rolle gespielt. Ein Sportjahr wie es 2014 mit den Olympischen Winterspielen und der Fußball-WM war, ist für unsere TV-Sender immer eine besondere Herausforderung. Trotzdem ist es uns gelungen, unseren Zuschauermarktanteil um 0,6 Prozentpunkte auf 28,7 Prozent zu steigern. Das Wachstum kam vor allem von unseren jungen Sendern sixx, SAT.1 Gold und ProSieben MAXX. Es zahlt sich also aus, dass wir in den vergangenen Jahren neue Free-TV-Sender gegründet haben und die Chancen aktiv nutzen, die sich aus der Fragmentierung des TV-Marktes für uns ergeben. Zumal wir dadurch auch im Werbemarkt weiter wachsen. Allein 2014 haben wir über 100 neue TV-Werbekunden gewonnen.  Gerade unsere jungen Sender sind für Neukunden interessant, die bislang ausschließlich in Printmedien geworben haben. Auf diese Weise gelingt es uns, frisches Kapital in den TV-Werbemarkt zu holen.

Thomas Ebeling im Gespräch (Foto)

Klare Strategie: „Wir werden unsere Geschäftsbereiche konsequent weiter vernetzen und in neue Wachstumsmärkte vorstoßen.“

Das klingt alles sehr positiv. Wirft man einen Blick in die USA, zeigt sich jedoch, dass die lineare TV-Nutzung zurückgeht. Gerade im TV-Geschäft sind die USA ja häufig Trendsetter: Wie schätzen Sie die Entwicklung für den deutschen Fernsehmarkt ein?

Thomas Ebeling: Die USA und Deutschland sind in dieser Hinsicht nicht vergleichbar. In den USA ist die Qualität des frei empfangbaren Fernsehens lange nicht so hoch wie bei uns. Deshalb ist einerseits die Zahlungsbereitschaft für TV-Angebote, andererseits aber auch der Druck, zu günstigeren Anbietern im Digitalbereich zu wechseln, deutlich höher. Wenn man in den USA ein Programm empfangen möchte, das mit dem deutschen Free-TV-Angebot vergleichbar ist, kostet das im Monat rund 80 Dollar. In Deutschland hingegen sind große Sportereignisse, Filme oder auch Serienhighlights frei empfangbar. Dazu kommt: Wir haben deutlich weniger Werbeunterbrechungen und die Deutschen schauen mehrheitlich immer noch synchronisierte Programme. Die gibt es in der Breite nur im TV. 95 Prozent der Mediennutzung entfallen in Deutschland nach wie vor auf das klassische Fernsehprogramm. Wenn sich das in den kommenden Jahren ändert, sind wir aber hervorragend positioniert, um am Wachstum neuer Märkte zu partizipieren. Mit maxdome, unserem eigenen Video-on-Demand-Portal, unserem Multi-Channel-Network Studio71 oder der Streaming-App 7TV.

Für manche Angebote nimmt die Zahlungsbereitschaft in Deutschland aber auch zu, wie die Entwicklung des ProSiebenSat.1-Distributionsgeschäfts zeigt.

Thomas Ebeling: Stimmt, das Distributionsgeschäft ist ein wesentlicher Wachstumstreiber im Segment Broadcasting German-speaking. Die Zahl der ProSiebenSat.1-HD-Nutzer stieg 2014 um 25 Prozent auf über fünf Millionen, bis 2018 wollen wir über neun Millionen HD-Nutzer erreichen. Damit werden wir unsere Unabhängigkeit vom klassischen TV-Werbemarkt vergrößern. Auch aus strategischer Sicht wird das Thema Distribution wichtiger: Wir haben 2014 verschiedene Partnerschaften — insbesondere mit Mobile-Plattformen — geschlossen, damit Zuschauer unsere Inhalte überall, zu jeder Zeit und auf jedem Gerät sehen können.

Das Segment „Digital & Adjacent“ hat sich auch 2014 sehr dynamisch entwickelt. Umsatz und Ergebnis sind deutlich über 20 Prozent gestiegen. Welche Bereiche haben das Wachstum besonders getrieben?

26,3PROZENT

auf 610,7 Mio Euro betrug der Anstieg der externen Umsatzerlöse im Segment Digital & Adjacent.

Thomas Ebeling: Das größte Umsatzwachstum lieferte erneut das E-Commerce-Geschäft. Besonders freut mich, dass sich unser Travel-Vertical 2014 so gut entwickelt hat. Hier zeigt sich deutlich, dass unsere Strategie aufgeht. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren über verschiedene Beteiligungen ein Commerce-Portfolio aufgebaut, das alle Dienstleistungen rund um das Thema Reisen abdeckt. Die Vernetzung mit unserem Free-TV-Geschäft wirkt: Seitdem wir beispielsweise das Reiseportal weg.de mit Bewegtbild-Werbung auf unseren Sendern vermarkten, ist dessen Umsatz um ein Vielfaches gestiegen. Insgesamt haben wir mit unserem Travel-Vertical 2014 rund 150 Millionen Euro Umsatz erzielt. Aber auch im Digital-Entertainment-Geschäft haben wir uns dynamisch entwickelt: Unser Video-on-Demand-Portal maxdome und unser Online-Werbegeschäft sind 2014 organisch stark gewachsen.

Wird es im Segment Digital & Adjacent 2015 weitere Zukäufe geben?

Thomas Ebeling: Wir brauchen keine Akquisitionen, um unsere Wachstumsziele 2018 zu erreichen. Wenn man aber betrachtet, wo unser Unternehmen heute steht, kann das natürlich durchaus Sinn machen, wenn wir ein interessantes Target finden. Wir haben 2009, in einer Zeit, in der wir nur sehr begrenzten finanziellen Spielraum hatten, damit begonnen, ein attraktives Ventures-Portfolio mit heute rund 60 Beteiligungen aufzubauen. Und zwar auf Grundlage der beiden wirklich innovativen Geschäftsmodelle Media-for-Revenue-Share und Media-for-Equity. Wir haben erfolgversprechenden Start-up-Unternehmen Werbeflächen auf unseren Free-TV-Sendern geboten und auf diese Weise ohne größere Barinvestitionen im Gegenzug eine Umsatz- und/oder Unternehmensbeteiligung erhalten. Das hat sehr gut funktioniert. Deshalb nehmen wir jetzt die nächste Stufe und internationalisieren dieses Geschäft. In Deutschland sind wir bereits der größte Mediainvestor, jetzt wollen wir es auch in Europa werden. Dazu gründen wir mit europäischen TV-Sendern wie TF1 und Channel 4 eine Medienallianz und unterstützen internationale Start-ups gegen eine Beteiligung bei ihrem Markteintritt in Europa. Gleichzeitig können wir uns aber auch vorstellen, klassische Akquisitionen zu tätigen, in Deutschland und international.

Haben Sie deshalb ein eigenes Vorstandsressort für M&A-Aktivitäten geschaffen?

Thomas Ebeling: Aktives Portfoliomanagement hat für ProSiebenSat.1 schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Wir wären heute nicht so erfolgreich, wenn wir nicht immer wieder ganz genau hinterfragt hätten, was strategisch sinnvoll ist. Dass wir dafür einen eigenen Vorstandsbereich geschaffen haben, ist ein klarer Hinweis, dass wir Investitionsentscheidungen auch in Zukunft sehr sorgfältig treffen. Wir halten weiterhin an unserer Dividendenpolitik und unserem Zielkorridor für den Verschuldungsgrad fest.

Kommen wir zum dritten Segment. Wie lief es 2014 für den Bereich „Content Production & Global Sales“, in dem Sie TV-Programme produzieren und weltweit vertreiben?

Thomas Ebeling: 2014 war für unser Tochterunternehmen Red Arrow ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir hatten zu Jahresbeginn die US-Produktionsfirma Half Yard übernommen und damit die Präsenz in englischsprachigen Märkten verstärkt: Red Arrow ist mittlerweile mit 13 Produktionsunternehmen in sieben Ländern vertreten. Die Strategie, sich besonders auf den US- und UK-Markt zu konzentrieren, ist richtig — das hat das vergangene Jahr bewiesen. Dank einiger Projekte mit globalem Renommee hat sich das Unternehmen als glaubwürdiger Player im internationalen Produktionsgeschäft etabliert. Dazu zählt beispielweise die Krimi-Serie „Bosch“, die Red Arrow für die Streaming-Plattform von Amazon produziert hat und die dort gerade erfolgreich angelaufen ist. Ein anderes tolles Projekt ist die Serie „Odyssey“, die die Red Arrow-Tochter Fabrik Entertainment produziert und ab April bei NBC läuft.

Nachdem die 2015er-Ziele bereits erreicht sind, wie geht es weiter?

1,0MRD EURO

zusätzlichen Umsatz will ProSiebenSat.1 bis 2018 im Vergleich zu 2012 erwirtschaften.

Thomas Ebeling: Unsere Erfolge sehen wir als Ansporn, noch besser zu werden. Dass die Mitarbeiter bei ProSiebenSat.1 mit weit überdurchschnittlichem Engagement dabei sind, ist großartig, und ich freue mich darauf, unser Unternehmen zusammen mit den Kollegen weiter voranzubringen. Bis 2018 wollen wir 1 Milliarde Euro mehr Umsatz erwirtschaften als 2012. Wir sind sehr optimistisch, dies zu erreichen. Operativ werden wir weiter nach starken, innovativen Geschäftsmodellen suchen und sie erfolgreich umsetzen. In Bereichen, in denen wir Markführer sind, wollen wir unsere Positionen ausbauen, in allen anderen Geschäftsfeldern streben wir ebenfalls führende Marktpositionen an. Wir werden unsere Unabhängigkeit vom konjunktursensitiven Werbemarkt weiter stärken und unser Portfolio dazu auch international diversifizieren. Ich bin überzeugt: Mit dieser Strategie wird ProSiebenSat.1 sein nachhaltiges und profitables Wachstum fortsetzen und die Versprechen einlösen, die wir unseren Aktionären und dem Kapitalmarkt gegeben haben.<